Un-gleich-berechtigt? – Vortrag von Helma Sick
Bericht | von Ruth Dieckmann | Veröffentlicht
Die Geschichte der Frauen und ihres Zugangs zum Geld ist in weiten Teilen eine Geschichte der Benachteiligung und Unterdrückung. Und manchmal ist sie auch die Geschichte einzelner Frauen, die sich erfolgreich auflehnten.
Helma Sick hat die spannendsten Fakten und Begebenheiten ausgegraben und zu einem ebenso rasanten wie amüsanten Ritt durch die Jahrhunderte zusammengestellt. Ihr Vortrag am 16. März 2017 im Lehel-Carré ließ lebendige Bilder entstehen: Von der Lebenswirklichkeit der Frauen in den Hochkulturen der Antike, von den darauffolgenden Jahrhunderten konsequenter Unterdrückung bis hin zu den Hexenprozessen im Mittelalter.
In der Neuzeit angekommen, widmete sich Helma Sick einigen herausragenden Frauenfiguren, darunter einer besonders schillernden:
Kennen Sie die erste Börsenmaklerin?
Victoria Woodhull (1838 – 1927) wuchs in Armut auf. Schon früh musste sie als »Kinder-Wahrsagerin« auftreten. Später beriet sie als »Hellseherin« den New Yorker Millionär Cornelius Vanderbilt in Börsenfragen und erhielt dafür Anteile seiner Gewinne. Ihr brandaktuelles Börsenwissen bezog sie in Wirklichkeit von einer Freundin, die ein Edelbordell für führende Unternehmer und Börsenmakler betrieb und von diesen einschlägige Informationen erhielt. Victorias Vermögen vermehrte sich enorm.
Zusammen mit ihrer Schwester gründete Victoria eine erfolgreiche Brokerfirma, betrieb einen politischen Salon und eine politische Wochenzeitschrift, die auch Fragen der Gleichberechtigung behandelte. 1872 kandidierte Victoria Woodhull sogar für das amerikanische Präsidentschaftsamt, wurde aber nicht zur Wahl zugelassen.
Ein Jahrhundert-Rollenbild: Die Hausfrau und Mutter
Frauen wie Victoria Woodhull waren absolute Ausnahmen. Im Allgemeinen verschlechterte sich das wirtschaftliche Los der Frauen im 19. Jahrhundert. Die Rollenteilung zwischen dem Mann als Ernährer und der Frau als Hausfrau und Mutter setzte sich durch. Und sie blieb erstaunlich lange bestehen, allen historischen Veränderungen zum Trotz.
Deutschland bildet da keine Ausnahme, eher im Gegenteil. Um nur ein Datum zu nennen: Erst das neue bundesdeutsche Scheidungsrecht von 1977 (!) legte offiziell fest, dass ein Mann seiner Frau die Berufstätigkeit nicht mehr verbieten darf.
Die Gegenwart: Rückwärtsgerichtete Politik gefährdet das Erreichte
Inzwischen ist die Berufstätigkeit von Frauen zum Glück selbstverständlich geworden. Dennoch gibt auch die Gegenwart Helma Sick wenig Grund, sich zurückzulehnen. Nach wie vor werden überkommene Frauenbilder viel zu sehr propagiert. Das Fernsehen zeigt alte Schmonzetten nach dem Strickmuster »aufopferungsvolle Krankenschwester heiratet Chefarzt« immer wieder. Politiker – allen voran die allerorts erstarkenden Rechtspopulisten – träumen wieder öffentlich von der Frau am Herd.
Für Helma Sick ist dies alles ein Anlass, die gesellschaftlichen Entwicklungen genau zu beobachten und sich zu wehren. Denn, so lautet ihr Fazit: »Zusehen dürfen wir jetzt wirklich nicht. Es steht zu viel auf dem Spiel.«